„Sail fast“ ist ein schöner Vorsatz, allerdings geht bei uns „sail safe“ vor, sodass wir auf der kurzen Überfahrt von den Tobago Cays nach Union Island lieber unter Motor gelaufen sind.
Die Riffe, die die Schönheit der Tobago Cays ausmachen, sind bei 1,67m Tiefgang nicht ganz ungefährlich. In den Segelführern liest man immer wieder, dass die Seekarten zum Teil sehr veraltet sind und man sich lieber auf die „Augapfel-Navigation“ verlassen soll. Bei passender Sonneneinstrahlung kann man die Wassertiefe anhand der Farbe des Wassers abschätzen. Darin sind wir nicht sehr geübt und tasten wir uns immer ganz langsam mit GPS-Hilfe, Augapfel-Navigation und ständigem Blick auf den Tiefenmesser vorwärts, was auch diesmal hervorragend funktioniert hat.
Ausnahmsweise haben wir diesmal das Dingi hinter dem Boot hergeschleppt, weil wir bei einer so kurzen Distanz zu faul waren, es an Deck zu hieven. Beim Ankermanöver vor Union Island blieb plötzlich der Motor stehen, Matthias sah das Dingi hinten hoch gehen: Leine im Propeller, Motor abgewürgt. Super! Und das als der Anker noch nicht mal richtig eingefahren war. Schwupps war Matthias mit dem Brotmesser bewaffnet im Wasser und konnte den Propeller schnell wieder frei schneiden. An den kleinen Wunden an Armen und Beinen konnte man allerdings deutlich sehen wie scharf die Muscheln sind, die inzwischen überall am Unterwasserschiff kleben. Zum Glück hat der Motor keinen Schaden genommen, aber unsere Faulheit war bestraft worden.
Clifton ist ein nettes kleines Örtchen mit vielen farbenfrohen Obst-Ständen im Zentrum. Hier und in diversen Minisupermärkten konnten wir unser Loch im Kühlschrank wieder auffüllen. Gerade als wir die Bierdosen auspacken wollten, kam ein Anruf von der TANGAROA über Funk. Sie hatten eine Kakerlake in der Bierpalette gefunden, die sie gerade noch über Bord befördern konnten. Es ist der Horror aller Yachties, sich mit Eierkartons oder anderen Pappverpackungen die Eier von Kakerlaken an Bord zu holen. Tatsächlich hatte sich in unserer Palette auch so ein Tierchen versteckt, was wir nach der Warnung sofort dem Meer übergeben haben. Nochmal Glück gehabt, bisher haben wir noch kein Ungeziefer an Bord gehabt.
Das wahre Highlight vor Clifton war für uns die Dingi-Bar. Mitten im Wasser hat jemand auf dem Riff eine Insel angelegt und eine Bar gebaut. Alles und jeder, der dorthin möchte muss mit dem Boot kommen.
So liegt sie mitten im Meer, von Kite-Surfern umkreist.
Das mussten wir uns natürlich genauer ansehen und haben mit Eva und Alec von der TANGAROA den Blick auf das Ankerfeld beim „Sundowner“ genossen.
Viel ruhiger geht es auf der anderen Seite von Union Island, in der Chatham Bay, zu. Hier waren TANGAROA und BELLA sogar für einen halben Tag die einzigen Schiffe in der Bucht. Bei klarem Wetter ist die Chance hoch, einen „green flash“ zu sehen. Von diesem Naturschauspiel wird immer wieder berichtet, wir waren uns nie sicher, ob es auf dem Drogenkonsum der Einheimischen basiert oder auch für uns sichtbar wird.
Laut wikipedia ist es ein grünes Licht, welches genau in dem Moment auftritt, wo die Sonne im Meer verschwindet.
Auch mit viel Phantasie und den verschiedensten Hilfsmitteln bleibt es für uns noch immer ein Geheimnis, ob sich der Himmel verfärbt oder ob es eine Irritation der Netzhaut ist.
Aber auch wenn der Himmel nicht klar genug für einen „green flash“ ist, lohnt es sich den Sonnenuntergang zu genießen.
Der klassische Blick, den wir vom Boot aus morgens beim ersten Latte Macchiato hatten, ist nicht zu verachten.
Trotzdem ist es immer wieder spannend, sich alles von oben anzusehen. Der Weg dorthin ist besonders in der Mittagssonne mit Anstrengung verbunden, aber die Eindrücke gleichen das schnell wieder aus.
Auch die Tobago Cays konnten wir von Union Island aus sehen. Von hier aus wäre es mit der „Augapfel-Navigation“ für uns Anfänger einfacher gewesen…
Gemeinsam mit Eva und Alec sind wir in die Carlisle Bay gesegelt. Wenn man ehrlich ist, muss man sagen, dass wir gleichzeitig losgesegelt sind und TANGAROA (immer!!!) vor uns da war. Gehen wir mal davon aus, dass es an der Bootslänge liegt. Sie ist drei Fuß länger und „Länge läuft“ wie der Segler sagt.
Der weiße Strand mit den Palmen ist eindrucksvoll, aber nach der langen Zeit in der großzügigen Chatham Bay, kamen wir uns hier ein bisschen eingeengt vor. Kommt dieses österreichische Charterboot nicht ein bisschen zu nah? Der Skipper kommentiert dies mit einem coolen „ah gäääh, des paasst scho“, während die Crew der Eignerboote sorgenvoll mehrmals pro Nacht aufsteht, um nachzusehen, ob die Boote immer noch Abstand haben, nachdem die Tide gekippt ist und der Strom aus der anderen Richtung kommt.
So ganz ohne Kalender kommen wir auch als „Langzeiturlauber“ nicht aus. Ab und an lohnt es sich zu überlegen, welcher Wochentag ist. Es ist zum Beispiel Unsinn, Mittwochs nach Bequia zu fahren und das leckere BBQ im Jack’s zu verpassen. „All you can eat“ mit verschiedenen Grillstationen bekommt eine ganz andere Wertigkeit, wenn man sich lange von Nudeln ernährt hat. Außerdem hält es auch noch für die nächsten Tage an…
Auch wenn wir relativ lange in Bequia waren, haben wir doch recht wenige Bilder gemacht. Vielleicht ist es auch besser so. Den legendären Grönemeyer-Abend auf dem Achterdeck der Tangaroa kann man ohnehin nicht auf Fotos festhalten – aber die Erinnerung bleibt.
Im Norden von Bequia hat Brother King es sich zur Aufgabe gemacht, Schildkröten aufzuziehen bis sie selbständig überleben können. In der Natur überlebt nur jede 3000te Schildkröte, bei ihm jede 200te.
Die Kleinsten, die wir gesehen haben, waren 7 Monate alt.
Die Vierzehnjährigen schauen einem schon mal direkt ins Auge.
Auf Bequia stand der nächste große Abschied an. Mit Eva und Alec hatten wir wunderbare drei Wochen verbracht, doch nun trennten sich unsere Wege. Während sie Richtung Süden zogen, stand bei uns der „dritte Besuch“ schon fast vor der Tür.
So sind wir von Bequia aus über Nacht zu den Le Saintes südlich von Guadaloupe gesegelt. Zwischendurch begleitete uns mal wieder ein Rudel Delfine durch das strahlend blaue Wasser.
Auf den Saintes fühlten wir uns wie „zurück in Europa“: viele nette, kleine Geschäfte, ein angenehmer Tourismus. Die Bucht scheint ein Liebesnest für Delfine zu sein, die Pärchen schwimmen schmusend durch das Mooring-Feld.
Aber auch Pelikane fühlen sich hier wohl und finden genug Fische, für die es sich lohnt, sich im Sturzflug in’s Wasser fallen zu lassen.
Guadaloupe wollten wir an der Westseite passieren und nur für einen kurzen Zwischenstopp nutzen, um unsere Vorräte für die Rückreise nach Europa in den großen französischen Supermärkten zu füllen. Als wir erfuhren, dass Brigitte und Kurt von der ELENA in Le Gosier liegen, haben wir unsere Pläne ganz schnell geändert. Schließlich hatten wir sie seit den Kapverden nur einmal ganz kurz gesehen.
Das Ankerfeld liegt zwischen Guadaloupe und der kleinen Insel Le Gosier. „Zufällig“ kamen am gleichen Abend auch noch Sabine und Georg von der DULCINEA an und wir lernten Rainer, Franz und Angelika von der TRINITY (www.sy-trinity.eu) kennen. Wir waren die einzigen, die bisher Thunfischdosen den eigenen Angelversuchen vorgezogen haben. Bei so vielen Lehrmeistern hat Matthias es sich nicht nehmen lassen, sich einem abendlichen Kurs zu unterziehen. Das beginnt mit der Zubereitung der Köder. Bei den Fischen sind Hühner besonders angesagt: ungewürzt, leicht angekocht bis sie eine wabbelige, floffige Konsistenz bekommen. Völlig unbeeindruckt von der Aussage „schlechter Tag“, die unser Navigationsgerät an dieser Position und eben jenem Abend für Angler vorausgesagt hatte, setzten sich die Männer erwartungsvoll in Position.
Es hat einige Runden Bier gedauert bis allen klar war, dass wir an diesem Abend die Hühnchen besser selbst verspeist hätten.
Nicht weit von Le Gosier liegt die schöne Marina Bas du Fort. Der richtige Ort für uns, um das Boot zu putzen bevor der nächste Besuch kommt und alle Vorräte aufzufüllen. Netterweise haben wir hier auch die GLOBI wieder gesehen.
Nach einem Nachttörn kamen wir dann pünktlich in Antigua an, um Sabine in Empfang zu nehmen und mit Reisetasche ins Dingi zu verfrachten. Gar nicht so einfach, wenn man das nicht gewöhnt ist, aber sie hatte ja bewusst keine Kreuzfahrt gebucht. Auch die TRINITY hat in Antigua Besuch empfangen, Heinz-August und Sabine saßen im selben Flieger, haben sich aber erst beim gemeinsamen Abendessen kennen gelernt.Während die TRINITY Richtung St. Martin aufbrach, haben wir die Ostseite von Antigua angesteuert. Die Non-such-Bay bietet für sonnenhungrige Europäer, die den längsten Winter aller Zeiten hinter sich haben, einen wunderbar weißen Sandstrand und türkisfarbenes Wasser.
Ein Paradies für Kitesurfer…
Bird Island ist die einzige Insel, die ins Auge sticht…
Eine Fundgrube für Muschelsucher…
Man kann schön hinter dem Riff ankern und liegt geschützt vor der Welle mit Blick auf den großen, weiten Ozean.
Der Trip nach Barbuda war Sabines erster richtig langer Segeltag. Die Sonne brannte, aber so gut wie sie den Seegang vertragen hat, stehen die Chancen nicht schlecht, dass sie bald ein neues Hobby hat.
Wir erreichten Lower Bay wie geplant im frühen Nachmittag und bei guter Sicht, trotzdem war das GPS mal wieder der wichtigste Begleiter, um uns durch die Riffe hindurch zu lotsen.
Barbuda lag vor uns mit 20km langem weißen Sandstrand. Ein Traum!
Als wir ankamen lag hier nur ein einziges Boot, was ablegte, als wir gerade unseren Anker fallen ließen. So hatten wir auch noch alles für uns: den Sternenhimmel, den Traumstrand, …
den Pelikan…
die Sonnenschirme,…
… und mitten drin lag BELLA.
Auf Barbuda gibt es die größte Fregatt-Vögel-Kolonie der Welt. Im Vergleich zu ihrem Gewicht haben sie eine extrem große Spannweite.
Schon der Weg dorthin, durch eine Wasserlandschaft, die von Mangroven begrenzt wird, war ein Erlebnis.
In der Lagune hinter unserem Traumstrand leben viele, viele Lobster bevor sie wenn sie größer sind ins Meer hinaus ziehen. Wir konnten es nicht lassen, diese Spezialität zu probieren.
So war Barbuda, die letzte Insel, die wir hier in der Karibik kennen lernen, auch gleichzeitig die Schönste!
Antigua hat sich auf dem Rückweg nicht von der schönsten Seite gezeigt. Auch hier in der Karibik kann man von einem Regenschauer in den nächsten geraten. Schön, wenn man das Regenband vom Ankerplatz aus beobachten kann und nicht hineinsegeln muss.
Nach so vielen einsamen Tagen wächst bei uns das Bedürfnis nach Gesellschaft. Der TRINITY ging es ebenso und sie haben extra ihre Pläne geändert, um die letzten beiden Tage mit uns in Jolly Harbour zu verbringen.
Wir hatten sehr viel Spaß, lecker gegrillt und auch mehr als ein Lied gemeinsam gegrölt. Mit wie vielen Personen kann man auf der Cockpit-Bank der BELLA tanzen? Bei unseren Versuchen sind wir auf sechs gekommen. Das ist nicht bequem aber unvergesslich spaßig. So sind Sabine und Heinz-August auch „kulturell“ noch voll auf ihre Kosten gekommen.
Einen Tag später mussten wir uns auch von Franz und Rainer verabschieden, die sich Richtung Süden aufmachten. Schon wieder ein Abschied, der nicht leicht gefallen ist. Beim Frühstück hörten wir über Funk plötzlich jemanden „so schön, schön war die Zeit…“ singen. Das war der Abschiedsgruß der TRINITY für uns, als sie „Anker auf“ gingen. Man hätte es nicht schöner sagen können…