Bella

Atlantiküberquerung

Nach 19 Tagen und Nächten auf See haben wir die Karibischen Inseln erreicht und von den Kapverden aus ca. 2100 Seemeilen (was ungefähr 4000km entspricht) hinter uns gebracht. Zum Vergleich: auf dem Ijsselmeer sind wir pro Jahr ca. 1000 Seemeilen gesegelt. Dann kann man sich vorstellen, wie stark das Boot beansprucht wird. Aber BELLA hat sehr gut durchgehalten und es waren keine Reparaturen unterwegs notwendig.

Aber nun zum Verlauf: Von Mindelo aus hatten wir im Kanal zwischen Sao Vicente und Sao Antao die versprochene Düse mit Böen von bis zu 30 Knoten Wind. Als es Abend wurde und wir Sao Antao fast hinter uns gelassen hatten, ging es bis auf 5 Knoten zurück. Was tun? Schon am ersten Abend motoren und den wertvollen Sprit verbrauchen? Genau das haben wir dann wirklich für ein paar Stunden getan, in der Hoffnung es handele sich nur um die Abdeckung durch die Insel. Da es allen so ging, war es wohl auch so. Am nächsten Tag hat dann der gewünschte Nord-Ost-Passat eingesetzt und wir hatten schöne 15-20 Knoten Wind. Die ersten Tage haben wir viel mit verschiedenen Besegelungen experimentiert. Butterfly mit ausgebaumter Fock, Großsegel im 3. Reff, im 2. Reff oder ganz gesetzt. Irgendwann haben auch wir gemerkt, was uns viele „alte Hasen“ bereits gesagt  hatten: man kann Tage damit zubringen, gewinnt am Ende keine zusätzliche Geschwindigkeit, sondern landet am Tagesende wieder bei der Besegelung vom Vormittag. So war es auch bei uns und es kehrte etwas Ruhe ein.

Auch wenn man nicht viel zu tun hat, vergehen die Tage wie im Flug. Die alltäglichen Dinge wie Kochen, Spülen, Boot kontrollieren benötigen bei der ewigen Wackelei in der Welle einfach schon genug Zeit. Zwischendurch gibt es ja noch solche wichtigen Dinge wie „Wellen schauen“. Das ist ebenso faszinierend wie ins Feuer zu gucken, man kann es einfach nicht lassen.DSC01917

So haben wir die erste Hälfte des Törns verbracht und hatten schon brilliante Hochrechnungen für unsere Ankunft in der Karibik aufgestellt.

Nur leider ohne die weiteren Wetterentwicklungen zu berücksichtigen. Fast zeitgleich mit unserem Bergfest setzte die Flaute ein. Die Segel fingen an zu schlagen und es gab irgendwann sogar keine andere Möglichkeit als uns treiben zu lassen. Das Meer sah traumhaft aus, eine gaaaanz lang gezogene Atlantikwelle, die eine unglaubliche Ruhe ausstrahlt.DSC01904

Dann ist die Frage in wieweit man sich von dieser Ruhe anstecken lassen kann. Uns ist es nicht richtig gelungen, denn da war immer das GPS, was unsere prognostizierte Ankunftszeit immer weiter nach hinten verlagerte. Ausserdem konnten wir es natürlich nicht lassen, immer wieder Segel zu setzen, in der Hoffnung ein bisschen Geschwindigkeit zu machen, bis wir die schlagenden Segel nicht mehr ertragen konnten. Das ist weder gut für das Boot noch für unsere Nerven. So haben wir die nächste Woche mit Schwachwind gekämpft,zweitweise motort und konnten es nicht erwarten, endlich anzukommen. Das ständige Gewackel ist uns dermaßen auf die Nerven gegangen, dass wir schon überlegt haben, ob ein Wohnmobil nicht passender für uns gewesen wäre. Die Schlafphasen von max. 3 Stunden trugen sicherlich auch dazu bei. In unseren Gedanken und Gesprächen tauchten immer öfter Bilder von einem eiskalten Bier unter einer Palme, einer ausgedehnten (wackelfreien) Dusche und 12 Stunden Schlaf am Stück auf.DSC01905

Aber die Zeit auf dem Atlantik hat natürlich auch Besonderheiten: tiefblaues Wasser wie man es sich kaum vorstellen kann, blauer Himmel mit Schäfchenwolken, wunderbare Sonnenauf- und -untergänge und nachts einen unglaublichen Sternenhimmel.

Irgendwann beim Frühstück haben wir zwei Wale in Form von schwarzen Teppichen gesehen, die ca. 150m neben dem Boot auftauchten und eine Fontäne von sich gegeben haben. Toll, wie elegant sich diese riesigen Lebewesen bewegen. Aber auch schön, dass sie uns nicht näher gekommen sind.DSC01936

Von den fliegenden Fischen hatten wir bereits gehört, man findet sie regelmäßig morgens tot auf dem Deck.DSC01944

In unserer Vorstellung waren dies Fische, die von einer Welle an Bord gespült werden. Das ist allerdings nicht ganz richtig, denn diese Fische haben tatsächlich Flügel und können relativ weit über das Wasser fliegen, sie sehen fast aus wie Libellen. Unter ihnen gibt es eine Reihe Blinder oder Suizidgefährdeter, die dann auf dem Deck von Segelyachten enden.

Wir haben im Cockpit ein Hand-GPS, was regelmäßig bei einer Welle von der Cockpitbank fällt. In einer Nachtwache hat Matthias mal wieder einen dumpfen Schlag gehört, greift nach dem Übeltäter und hat eine zappelnden, glitschigen Suizidfisch in der Hand, der statt auf dem Deck diesmal im Cockpit gelandet ist. Von dem Schrei und dem Satz auf die Cockpitbank ist sogar Ulrike wach geworden. Gut, dass wir bei der Nachtwache immer angebunden sind und nicht vor Schreck über Bord springen können…

Was macht man nun mit dem zappelnden, glitschigen Etwas???

Wir haben es erst geschafft, ihn über Bord zu werfen als er mit der Zappelei aufgehört hat und gleichzeitig war uns klar, dass wir niemals freiwillig angeln und Fische töten werden. Eigentlich schade, denn wir haben das passende Equipment dabei. Stattdessen werden wir uns weiter von Dosenthunfisch ernähren.

Delfine hatten wir auf dieser Überfahrt nur nachts. Bei Neumond sind sie schlecht zu sehen, dafür kann man sie am typischen Schnaufgeräusch erkennen, wenn sie aus dem Wasser kommen.

Wie auf unserem bisherigen Törn hatten wir also auch bei der Atlantiküberquerung keinen Sturm, die Sqalls (Regenschauer mit heftigen Böen) sind auch fast alle an uns vorbeigezogen.DSC01898

Trotzdem war es nicht das Segeln, was uns so richtig Spaß macht. Die Windfahne steuert das Boot 24 Stunden allein, bis auf ein paar Korrekturen muss man nichts machen. Man ist mehr damit beschäftig, die alltäglichen Dinge trotz der ständigen Wackelei auf die Reihe zu bekommen. So haben wir uns schon bald auf die Karibik gefreut, wo wir gemütliche Tagesetappen von Insel zu Insel vor uns haben, abends vor Anker liegen und einen gemütlichen Abend im Cockpit genießen können.

Unser erstes geplantes Ziel in der Karibik war Grenada. Am vorletzten Tag hat uns ein heftiger Regenschauer überrascht, mit einer Winddrehung, die uns stark nach Norden versetzt hat. Fast zeitgleich kam eine Email von Eva und Alec von der Tangaroa an, die auf Barbados waren und sehr begeistert berichtet haben. So gab für uns es keinen Grund mehr krampfhaft auf Richtung Süden zurück zu drehen und wir haben kurzentschlossen die Gastlandfahne der Kapverden gegen Barbados ausgetauscht. Unter der Gastlandfahne hängt die gelbe Q-Fahne als Zeichen dafür, dass an Bord alles gesund ist, damit wir auch auf der neuen Insel aufgenommen werden.DSC01969

Auf diese Weise hatten wir sogar einen Tag früher als gedacht wieder Land unter den Füßen. Nach dem Einklarieren hatten wir in der Ankerbucht Carlisle Bay noch nicht ganz den Anker am Boden, als schon Lukas und Nick von der Globi mit dem Schlauchboot zur Begrüßung kamen. Unser Bier als „Anleger“ haben wir in der Mittagssonne mit Eva und Alex getrunken und nach dem wohlverdienten Mittagsschlaf konnten wir das türkisfarbene Wasser genießen.

 

Zum Frühstück kommen hier fast jeden Tag ein paar Pferde vorbei geschwommen.DSC01981

Am Dienstag gab es schon die erste Grillparty am Strand. Was für ein Leben!

In den nächsten Tagen werden wir uns mal in aller Ruhe Gedanken über unseren weiteren Törnverlauf machen. Immerhin bleiben uns nun 3 Monate Zeit bevor wir den Rückweg nach Europa antreten.