Ende Februar war es so weit. Wir haben uns und BELLA für die Reise auf den großen weiten Pazifik vorbereitet. Erstes Ziel waren die Osterinseln, dann Pitcairn und anschließend die zu französisch Polynesien gehörenden Gambier Inseln. Weder auf den Osterinseln noch auf Pitcairn gibt es sichere geschützte Ankerplätze, die man bei jedem Wetter anlaufen kann. Deshalb mussten wir uns vorsichtshalber auf die Weiterreise bis zu den Gambiers einrichten, was bedeutete, Proviant für etwa zwei Monate auf der kleinen BELLA zu bunkern.Das Unterwasserschiff war von den letzten Wochen im Fluß von Bahia de Caraquez bewachsen wie noch nie. Also fuhren wir mit dem Bus nach Manta, die nächst größere Stadt, um die Tauchflasche befüllen zu lassen. Morgens um sechs ging es im Dunklen bei strömendem Regen los. Im ersten Ort wurden wir rausgeschmissen. Soweit wir verstanden hatten, fuhr der Bus an diesem Tag nicht weiter und wir sollten den Nächsten nehmen. Der Kioskbesitzer lamentierte in lebhaft südamerikanischer Weise mit einem Mann in Busfahrermontour über den Regen. Immerwieder ein Blick zur Uhr und ein Versuch, jemanden per Handy zu erreichen. Nichts weiter als ein Schulterzucken auf unsere Frage nach dem nächsten Bus. Irgendwann kam er um die Ecke und uns wurde mehrfach beteuert, dies sei nun der Richtige nach Manta. Im nächsten Ort wurde klar, wo das Problem lag: die Straßen waren nach dem ununterbrochenen Regen der letzten Nacht knietief überschwemmt, Autos konnten nicht mehr fahren und auch der Bus kämpfte sich mit seinen riesigen Reifen nur mühsam durch die Wassermassen. Während die anderen Insassen weiter unbeirrt das Baller-Video verfolgten, was leider in jedem ecuadorianischen Bus aus einem Mega-Bildschirm auf die Fahrgäste eindröhnt, bekamen wir Panik. Wenn das so weiter ginge, würden wir abends niemals wieder zurück in Bahia sein. Also nichts wie raus aus dem Bus! Jetzt wurden plötzlich die anderen Mitfahrer wach. Wir hätten doch eben gesagt, wir wollten nach Manta, also sollten wir uns mal schön wieder hinsetzen. Keiner verstand, warum wir plötzlich zurück wollten und da hat man uns einfach nicht raus gelassen. Der Ecuadorianer ist einfach viel, viel gelassener als wir. Den Häusern an der Hauptstraße stand das Wasser bis zur Haustür. Als der Bus vorbei fuhr, schwappte die Welle dreckiger brauner Brühe in den Flur und die Ecuadorianerin steht in Gummistiefeln mitten drin und winkt dem Busfahrer freundlich zu.
In Manta angekommen, waren alle Busse in der Gegenrichtung in den nächsten Stunden wie erwartet gestrichen, aber der Regen hatte aufgehört und die Situation in Manta war weniger schlimm. Also erstmal die Tauchflasche füllen. Der Tauchshop hatte auch bereits dramatische Videos per WhatsApp von Freunden bekommen, aber er meinte wir könnten beruhigt sein, auf dem Meer passiere dem Boot nichts, das Problem bei dem Wetter seien die Flüsse. Aber BELLA lag ja in einem FLUSS. Erschrockenes Gesicht! Also wurde unsere Einkaufstour gestrichen und wir waren mit dem ersten Bus, der die Strecke nach Mittag wieder passieren konnte auf dem Weg zurück zum Boot. Auf der Rückfahrt sah alles ganz anders aus, das Wasser war so schnell wieder abgeflossen wie es gekommen war. Übrig waren nur Massen von Schlamm, die zum Teil mit Baggern beiseite geschoben wurden.
Das Flusswasser in Bahia war braun gefärbt und führte mehr Gestrüpp als sonst, aber sonst war alles in Ordnung.Am 10. März war es dann so weit. Morgens um halb sechs kam unser Pilot an Bord, um uns noch vor Sonnenaufgang bei Hochwasser hinaus auf den Pazifik zu lotsen. Diesmal war das Meer spiegelglatt, keine Welle, die uns auf die Seite geschmissen hat. Raus aus dem Fluß und hinter Rhapsody her auf den Pazifik. Der Pazifik war so friedlich wie sein Name verspricht. Für uns etwas zu friedlich, denn der Windanzeiger zeigte 0,0 Knoten Windgeschwindigkeit an. Immerhin also auch kein Gegenwind, um es mal positiv zu formulieren. Bis zur Isla de la Plata verbrauchten wir auf diese Weise schon 30 Liter unserer insgesamt an Bord befindlichen 295 Liter Diesel.
Alleine durften wir auf der Isla de la Plata nicht an Land gehen, also haben wir uns einer Touristengruppe angeschlossen, die mit dem Boot für einen Tag her gebracht wurden, um uns die Blaufußtölpel zu besuchen.
Die Fischer haben sich tagsüber an der Boje festgemacht und ausgeschlafen.
Es schadet auch sicher nicht, sich nochmal die Füße zu vertreten bevor wir vier Wochen nicht an Land kommen würden, dachten wir. Matthias hatte das Unterwasserschiff geschrubbt und es fehlte nur noch der richtige Wind aus der richtigen Richtung. Aber davon war weit und breit nichts zu sehen, die Vorhersage sah sehr schlecht aus. So haben wir nochmal das Festland von Ecuador angesteuert, in der Hoffnung, illegal etwas Diesel nachkaufen zu können, obwohl wir schon offiziell ausklariert hatten. Gleichzeitig war es eine gute Gelegenheit, eine E-Mail an unseren Hausarzt zu schicken. Matthias hat eine Entzündung im Rachen, die wir nicht deuten konnten. Er hat uns empfohlen, es zunächst mit Antibiotika zu versuchen. Falls sie nicht wirken, wäre es aber besser, es nochmal einem Arzt zu zeigen bevor uns auf eine so lange Strecke begeben. Also sind wir einige Tage später zurück nach Bahia gefahren.
Und dann ging es los. Wir haben es geschafft über zwei Monate lang immer abwechselnd krank zu werden, immer wenn wir beide fit waren, war der Wasserstand im Fluss nicht hoch genug, um mit BELLAs Tiefgang auslaufen zu können. Es war nie etwas wirklich Schlimmes, aber bei einer Crew von zwei Personen, ist es unverantwortlich wenn einer von beiden bei Abfahrt schon nicht fit ist. Leider, leider war damit unser Traum von den Osterinseln gestorben, auf der Südhalbkugel hatte der Herbst eingesetzt und es blieb nur der Weg direkt nach Französisch Polynesien, zu den Marquesas.
In den drei Jahren unserer Reise haben wir gelernt, dass es ein guter Zeitpunkt ist, weiter zu segeln, wenn die Leute auf der Straße uns grüßen. Als der Arzt von Bahia auf der anderen Straßenseite anfing, wild zu winken, wenn er uns sah, hatten wir den Zeitpunkt definitiv verpasst. Noch ein zweites Mal sind wir aufgebrochen und nach Bahia zurück gekehrt, weil wir zu ungeduldig und nicht richtig auskuriert waren. Noch ein déjà vu. Aber wir hatten nun wirklich keine Lust, uns nochmal mit dem Arzt, der kaum ein Wort Englisch spricht, über google Translate zu unterhalten. So haben wir es bei unseren deutschen Ärzten versucht. Unglaublich! Wir haben IMMER und VON ALLEN unseren Ärzten super schnelle nette professionelle Hilfe per E-Mail bekommen, sogar aus dem Urlaub. Sicherlich kann man nicht alle Krankheiten aus der Ferne behandeln, aber wir haben immer wieder gemerkt wie viel einfacher es ist, in der eigenen Sprache beschreiben zu können, wo es zwickt. Und was vielleicht noch wichtiger ist, wie gut es tut, das Gefühl zu haben, dass der Arzt uns auch verstanden hat.
Ein Boot nach dem anderen hat Bahia verlassen und ist Richtung Westen gesegelt.Viele schöne Bilder gibt es von Bahia leider nicht.Der Ort wurde mehrfach, zuletzt 2006, durch starke Erdbeben zerstört, deren Schäden noch überall sichtbar sind.
Ende Mai war es auch bei uns so weit. Noch einmal alle Nudeln zählen.
Noch einmal Obst und Gemüse für die nächsten Wochen kaufen.
Ariosto hat BELLAs Propeller von allen „Haaren“ befreit, die sich schon wieder angesammelt hatten.
…und dann wurde es wirklich spannend!
Am 01. Juni sind wir endgültig zu unserer bisher längsten Segeletappe von Ecuador zu den Marquesas aufgebrochen.