Cienfuegos ist als Treffpunkt für Segler in Kuba bekannt. Hier kann man in einer Lagune direkt vor der Stadt ankern. Als wir dorthin wollten, war leider der Ankerplatz wegen vermehrten Diebstählen geschlossen. Keiner weiß, ob es die Diebstähle jemals gab, aber Ankern war nicht. Also mussten wir uns einen neuen Ort suchen, um Anna und Lothar an Bord zu nehmen, die für eine Woche mit uns segeln wollten. Die Alternative war die Marina Casilda in der Nähe von Trinidad. Für uns nicht ganz ideal, weil die Einfährt zur Marina eigentlich ein bisschen zu flach für unseren Tiefgang ist, aber eine andere Möglichkeit gab es nicht.
In Trinidad fühlten wir uns ins letzte Jahrhundert zurück versetzt. Die alten Autos werden oft als Taxis für Touristen eingesetzt und die Fahrer erzählen gerne wie alt die Karosserie ist und welchen Motor sie haben. Die wenigsten Teile sind original. Je nach Verfügbarkeit sind Karosserie, Motor, Lenkrad und Automatikgetriebe wild zusammen gewürfelt. Das alte Autoradio ist höchstens noch Dekoration, die kubanischen Rhythmen kommen längst vom mp3-Player oder von DVD mit dem passenden Musikvideo. Uns machte es großen Spaß mit den alten Schlitten zu fahren und wir bewundern die Kreativität mit der irgendwelche Teile, die bei uns längst im Müll gelandet wären, zu fahrbaren Untersätzen zusammen gesetzt werden.
Kutschen sind in Trinidad ganz normales Fortbewegungsmittel, wir haben nur nicht verstanden, wo die vielen Pferde nachts bleiben. Autos werden oft im Haus neben dem Wohnzimmer geparkt, aber die Tiere vermuten wir eher in den Dörfern drum herum.
Von Trinidad aus sind wir nach Havanna gereist. Eine tolle, aber auch sehr eigenwillige Stadt. Viele Ruinen alter Häuser stehen neben wunderbar hergerichteten Prachtbauten. Aber genau das macht den besonderen Charme aus.
Oftmals wurden in den Wohnhäusern Zwischendecken eingezogen, um Wohnraum zu schaffen. Das ergibt schmale steile ineinander verschlungene Treppen in den Hinterhöfen. Trotzdem beträgt die Höhe der neuen Etagen noch mehr als zwei Meter. Am Stuck ist leicht erkennbar, welches die alten Decken sind. Laut Reiseführer leidet die Statik unter diesen Einbauten so stark, dass viele Häuser Einsturz gefährdet sind.
BELLA lag während unseres Havana-Ausflugs vor der Marina Cassilda bei Trinidad vor Anker. Einen Platz am Steg gab es nicht leider nicht mehr. Nach zwei Tagen in Havanna war für Trinidad sehr schlechtes Wetter angekündigt. Eine blöde Situation, wenn das Boot dort alleine vor Anker liegt. Havanna hat uns so gut gefallen, dass wir gerne noch viel mehr Zeit dort verbracht hätten. Aber wir hatten keine Ruhe mehr und sind zu BELLA zurück gefahren.
Die Einfahrt in die Lagune der Marina Cassilda ist recht flach. Kein Spass mit unserem Tiefgang. Bei der Einfahrt war es kein Problem, zu Springtide hatten wir extrem hohes Hochwasser und haben die Route mit dem meisten Wasser unter dem Kiel exakt gefunden. Als wir zwei Wochen später mit Anna und Lothar wieder raus fuhren, sah das leider anders aus. Mitten in der Ausfahrt zeigte der Tiefenmesser plötzlich -0,5 m an. BELLA wurde langsamer, Matthias gab Vollgas, alles braun um uns herum, aber sonst passierte nichts. Bei einer Tiefe von 0 m sollten wir normalerweise Grundberührung haben, also steckten wir mit unserem schönen langen Kiel einen halben Meter tief im Seegras und im Schlamm. Wir waren scheinbar leicht vom optimalen Track abgekommen und der Wind hatte uns weiter in die falsche Richtung gedrückt. Matthias versuchte alles, vor, zurück, rechts links, aber aus eigener Kraft kamen wir nicht mehr frei. Es war eine Stunde nach Hochwasser und das Wasser fiel kontinuierlich. So ein Mist!
Nach zehn Minuten kam einer der Touristen-Katamarane aus der Marina und hat versucht uns frei zu schleppen. Mit zwei Motoren des Katamarans und dem BELLA Motor (alle volle Kraft voraus), ist es schließlich geglückt und wir waren wieder frei. Leider ist diese Aktion nun auch auf allen Kameras und Handys der Touristen, die auf dem Katamaran waren.
Mit Anna und Lothar sind wir zu zwei kleinen Inseln östlich von Trinidad gesegelt.
Tagsüber werden Touristen mit großen Katamaranen hierher gebracht. Wenn sie um drei Uhr nachmittags wieder abfahren, bleiben nur einige Männer zurück, die das Restaurant bewirtschaften. Nach der Arbeit vertreiben Sie sich die Zeit mit Domino spielen. Es hat nicht lange gedauert bis wir mit am Dominotisch saßen und abwechselnd gegen die Kubaner gespielt haben.
Netterweise hatten in dieser Zeit die Behörden entschlossen, den Ankerplatz in Cienfuegos wieder zu öffnen. Wir mussten also nicht zurück nach Trinidad, sondern könnten mit den beiden nach Cienfuegos segeln.
Wenn man nicht im Hotel wohnt, sondern sich auf dem Boot selbst verpflegt, erlebt man am eigenen Leib wie sich die Versorgungslage im Land anfühlt: Schlange stehen vor den Supermärkten ist normal. Das wichtigste Obst und Gemüse gibt es auf dem Markt oder auch in irgendwelchen Hauseingänge. Man weiß aber nie wo und wann man was bekommt. Wir haben Tage mit Einkaufen verbracht und kamen am Ende doch mit fast leeren Taschen nach Hause. Das sind Dinge, die uns, wie einige architektonische Highlights, an DDR Zeiten erinnert haben.
In Kuba scheinen die wenigsten Menschen hungern zu müssen, da es die Grund Nahrungsmittel für alle über Versorgungsscheine gibt. „Luxusgüter“ wie Bananen, Zuchini oder Ananas sind jedoch für die Touristenhotels reserviert. Auch der Lobster, den es rund um die Insel in großen Mengen gibt, ist ausschließlich für Touristen gedacht, Kubaner dürfen ihn nicht essen.
Es wird auch nicht gerne gesehen, wenn Kubaner Touristen in der Stadt ansprechen, vermutlich war das der Grund, warum der freundliche Charterskipper lieber den Bus nach uns nehmen wollte. Wir vermuten, er wollte außerhalb der Marina nicht mit Touristen gesehen werden. Das sind Dinge, mit denen wir überhaupt nicht umgehen konnten. Wie schrecklich muss es sein, sich ständig beobachtet zu fühlen.
Die schönsten Abende in Kuba waren für uns die Begegnungen mit den Kubanern auf den kleinen Inseln. Vielleicht liegt es daran, dass sich alle unbeobachtet fühlen und deshalb offener sind? Wir haben kleine elektronische Geräte und alte Handys gegen Lobster getauscht, den wir für die Weiterreise eingekocht haben.
Abends haben wir zusammen gegessen und wenn die Moskitos zu aggressiv wurden, in der Ranger-Unterkunft auf den einfachen Holzbetten gesessen. So haben wir mit einer Familie aus Dänemark einen unvergesslichen Abend mit dreizehn Personen auf engstem Raum und Gitarrenmusik verbracht. Irgendjemand hat ein kleines Krokodil gefangen, um es uns stolz zu zeigen.
Natürlich ist Bordleben nicht nur Urlaub, sondern macht auch jede Menge Arbeit. Ein Problem zur Zeit ist der Bewuchs des Unterwasserschiffs, BELLA braucht dringend einen neuen Anstrich mit Antifouling, immer wieder müssen Crew und Gäste mit dem Plastikspachtel Muscheln und schleimiges braunes Zeug abkratzen.
Die Lagune vor Cienfuegos hat uns nicht zum schwimmen eingeladen, manchmal roch es als würden Abwässer der Stadt ungeklärt eingeleitet. Im Mondlicht haben wir mit Begeisterung leuchtendes Plankton hinter unserem Aussenborder beobachtet und von Bord aus jede Menge Quallen gesehen. Als wir Cienfuegos verlassen haben, verhielt sich das Boot ganz komisch. Das Steuerrad vibrierte und wir waren ungewöhnlich langsam. Matthias erste Vermutung: der Propeller ist so stark bewachsen, dass wir kaum Vortrieb haben. Unter Segeln außerhalb der Lagune dasselbe Problem. Höchstgeschwindigkeit 3,5 Knoten. Das hat es noch NIE gegeben. Im klaren Wasser vor Cayo Largo haben wir die Bescherung gesehen.
BELLAs Rumpf hatte die Farbe eines Korallenriffs angenommen. Mit dem Pfannenschaber haben wir die 1,5cm dicke Schicht abgekratzt, um die nächste Etappe nach Mexiko wieder vernünftig segeln zu können.