Die letzten Wochen waren für uns durch Familienbesuch geprägt. Ein Besuch bei BELLA scheint irgendwie immer nach demselben Schema abzulaufen. Erst darf man Wochen und Monate überhaupt nicht planen, weil wir so früh ja noch gar nicht wissen, wo wir wann sind. Dann muss plötzlich alles ganz schnell gehen und sofort gebucht werden, damit wir pünktlich am verabredeten Ort sind und (gaanz, ganz wichtig) bestellen können, was wir aus Deutschland brauchen. Die Paketboten geben sich bei unsern Besuchern kurz vor Abflug die Klinke in die Hand. Sie bringen Nähutensilien, Flipflops, Elektronikzubehör, Edelstahlschrauben, Bootszubehör, Ersatzteile, Ohrstöpsel und was das Herz sonst noch begehrt. Alles natürlich schön einzeln in einem viel zu großen Paket verpackt. Übrig bleibt ein riesiger Papierberg und eben das, war noch im Reisegepäck verstaut sein will. Ein heißer Tipp, falls man keine Gepäckwaage hat und Angst hat, dass die eigenen Unterhosen nicht mehr mit dürfen: einer muss auf die Personenwaage und wird gewogen. Dann nimmt er das Gepäck in die Hand, während der andere sich auf dem Boden robbend unter dem Koffer vorarbeitet, um den neuen Wert abzulesen.
Zuerst Peter und Brigitte und anschließend Holger haben die Zeremonie tapfer durchgehalten und sind wie die Weihnachtsmänner bepackt auf La Gomera erschienen. Wir haben uns über das Wiedersehen wahnsinnig gefreut. Gemeinsam haben wir Touren über die Insel, Wanderungen zu den nächsten Stränden, einen Bummel über die Kunsthandwerkermärkte gemacht, lecker gegessen und viele nette Abende an Bord der BELLA verbracht. Es war einfach schön, abwechslungsreich und kurzweilig.
Es gab aber auch einen Zwischenfall, den wir gerne ausgelassen hätten. Eines Morgens um halb fünf gab es auf BELLA einen lauten Rumms und das Boot schwankte. Uns hatte jemand gerammt und das mitten im Hafen. Wo sind die Klamotten? Wo ist die Brille? Als wir an Deck kamen, steuerte ein Boot, was vorher zwei Boxen weiter gelegen hatte, mit dem Bug auf unser Heck zu. Diesmal konnten wir es wegdrücken, beim ersten Mal hatte es uns offensichtlich gerammt. Das Boot fuhr weiter, zuerst waren wir froh um jeden Meter, den es sich entfernte. Als es den Hafen verließ, waren wir komplett verdattert. Wie können die wegfahren, nachdem sie uns gerammt hatten? Keine Schadensbegutachtung, kein Adressaustausch, keine Entschuldigung,…. NICHTS. Im Dunkeln versuchten wir das Heck abzuleuchten, konnten aber nur sehen, dass der Aussenbordmotor für das Schlauchboot schief in seiner Halterung an der Heckreling hing. Am nächsten Tag wurde ein Riss im Gehäuse des Aussenbordmotors sichtbar.
Als Matthias es demontiert hatte, zerfiel es in zwei Teile.
Nach ein paar Telefonaten hatten wir in Köln das passende Ersatzteil gefunden, aber keine Möglichkeit, es noch pünktlich zu unseren Besuchern zu bekommen. Die Marina auf La Gomera ist sehr, sehr hilfsbereit und hat einen örtlichen Schweißer aufgetan, der das Aluminiumteil schweißen sollte. Hat er auch gemacht. Beim Zusammenbau zeigte sich, dass es nicht nur gebrochen, sondern auch derart verbogen war, dass der Aussenborder beim Hoch- und Runterklappen nicht mehr eingerastet werden konnte.
Drama! Unser schöner alter Yamaha, ein Geschenk von Ralf, von Jörg über Wochen mühsam überholt und für die Reise in einen 1a – Zustand gebracht, war so nicht mehr zu gebrauchen. Ein neuer 4-Takter würde viel schwerer. Wir hatten extra ein leichtes Schlauchboot gekauft damit Ulrike nicht zusammenbricht, wenn wir Schlauchboot und Aussenborder zusammen zu zweit den Strand hoch tragen müssen. Und jetzt das. Glücklicherweise gibt es noch mehr La Gomera Reisende. So haben Susanne und Gerhard uns das Kölner Ersatzteil mitbringen können und seitdem läuft der Aussenborder wieder wie zuvor.
Uns ist hierbei deutlich geworden, welches phantastische Netzwerk wir zuhause haben, wenn es darum geht, in kürzester Zeit Dinge zu bekommen, die man hier hier auf den Inseln nicht erhält. Das geht von der zahnärztlichen Beratung über Spezialanfertigungen für unsere Ruderwelle bis hin zu den Ersatzteilen für einen Aussenbordmotor aus dem Jahr 1988. Ganz herzlichen Dank an dieser Stelle nochmal an alle!
Wir mögen La Gomera so gerne, weil der Hafen direkt im Hauptort liegt und nicht in der Nähe einer Hotelsiedlung wie es auf einigen anderen Inseln ist. Alles ist nicht künstlich herausgeputzt, sondern viel authentischer. Ab dem späten Nachmittag treffen sich alle auf dem Platz unter den uralten Bäumen. Die alten Männer sitzen auf ihrer Bank und die Kinder spielen unter dem großen Zeltdach Fussball, während ihre Mütter in einer unglaublichen Geschwindigkeit unterhalten. Wieviel muss man am Tag erlebt haben, um ununterbrochen in diesem Tempo erzählen zu können? Wir möchten es gar nicht im Detail wissen, uns reicht es, die Stimmung mitzuerleben.
Neben dem kargen Vulkangestein, gibt es auch recht grüne Inselbereiche. Der Nebel und Regen fängt sich zwischen den Bergen und bringt die unterschiedlichsten Regenbögen hervor.
In einer Woche startet von La Gomera aus das Atlantic Race for Rowers. Es gibt tatsächlich Leute, die den Atlantik rudernd überqueren. Wie gut haben wir es doch mit unserem Segelboot. Eins dieser Boote haben wir bei einem Übungstörn gesehen.
Für uns war es nach drei schönen Wochen auf La Gomera Zeit, weiter zu ziehen. Nach einer recht schaukeligen Nacht vor Anker im Hafen von Valle Gran Rey, sind wir vorgestern nach El Hierro gesegelt. Es ist die letzte Kanareninsel, auf der wir beide noch nicht waren. In dem kleinen sehr sympathischen Hafenstädtchen La Restinga haben wir uns auf Anhieb wohl gefühlt und werden hier die letzte Woche vor der Weiterfahrt zu den Kapverden verbringen.