Am 17. Dezember sind wir in La Palma gestartet. Das neue Funkgerät hatte uns netterweise eine Crew aus Köln mit nach La Palma gebracht.
Wie vorhergesagt, hatten wir sehr wenig Wind und haben uns bei Flaute sogar eine Nacht ohne Segel vor El Hierro treiben lassen, weil gar nichts ging. Wenn der Wind kam, dann aber aus der richtigen Richtung und das Passatsegeln vor strahlend blauem Himmel begann.
Bei dem ruhigen Wetter war der erste Tag auf See so entspannt wie nie und wir haben sogar schon in der ersten Nacht unseren Drei-Stunden-Schlafrhythmus eingehalten. Trotzdem nimmt das Chaos unter Deck immer rasant zu. Alles spielt sich im Cockpit und im Salon ab und so sieht es dort dann auch aus. Die Freiwache schläft im Salon, die Lehne der Bank wird nach oben geklappt, damit das Bett breit genug ist. Falls das Boot zu stark schaukelt, ist zum Gang hin ein seitliches Leesegel aus Stoff angebracht, damit keiner heraus fällt. Die Herausforderung besteht allerdings darin, erstmal rein zu kommen.
Der Ozean ist riesig, aber trotzdem begegnen wir anderen Schiffen und kommen ihnen näher als uns lieb ist. Ein regelmäßiger Rundumblick ist deshalb für die Wache tagsüber und auch nachts mit die wichtigste Aufgabe.
Nach den ersten Tagen mussten wir uns irgendwann entscheiden, ob wir Zwischenstation auf den Kapverden machen oder direkt in die Karibik durchsegeln. Die Vorstellung noch mal in Mindelo im Club Nautico (wo wir vor vier Jahren mit dem Rucksack waren) ein Bier zu trinken, war dann doch so verlockend, dass wir uns für die Kapverden entschieden haben.
Heilig Abend haben wir auf dem Wasser verbracht, in Vorbereitung auf den Landfall auf den Kapverden mit wenig Schlaf, viel Wind und ein wenig Muffen vor der Düse, die zwischen den Kapverdischen Inseln herrscht. Es war im Nachhinein halb so schlimm, aber uns fehlte in diesem Fall sogar die Ruhe „Weihnachten auf hoher See“ von Freddy Quinn aufzulegen, was an einem solchen Tag sicher kultig, aber an jedem anderen unerträglich ist. Schade! Wer weiß, wann wir mal wieder ein Weihnachten auf See erleben?
Die neue Gastlandflagge wurde gehisst und wir sind am ersten Weihnachtstag in Mindelo eingelaufen. Auch hier strahlt die Stadt im weihnachtlichen Glanz und sogar die unverzichtbaren Weihnachtsmänner an den Häuserfassaden haben sich bis hierher verbreitet. Was fehlt sind die künstlichen Schneemänner, die wir auf den Kanaren zum Teil gesehen haben. Wieso verbindet ein Kanare Weihnachten mit Schneemännern???
Im Nachhinein war die Entscheidung für die Kapverden die Beste überhaupt, denn hier ist es einfach herrlich: die Menschen, die Musik, das Wetter… Hier spüren wir endlich wie weit wir bereits gekommen sind. Wir haben Europa verlassen und Afrika erreicht.
Natürlich gab es auch das heiß ersehnte Bier im Club Nautico – diesmal nicht als Rucksacktouristen, sondern als Yachties in einer Gruppe anderer deutschsprachiger Segler.
Der offene Innenhof ist fast unverändert, nur die Wände sind renoviert, bis auf die hinter der Bar. Dort ist wie vor vier Jahren noch der Aufkleber vom Luftkurort Schotten im Vogelsberg (Ulrikes Heimatort) zu finden – Schönes bleibt, wie wir von WDR4 wissen.
Die einzige Crew aus unserem Umfeld, die so mutig war, etwas mehr von den Kapverden mit ihren zum Teil recht unruhigen Ankerplätzen und anspruchsvollen Passagen per Boot zu erkunden, ist die Pura Vida. Jetzt sind sie zurück in Mindelo und die Schwesternschiffe aus Köln liegen endlich mal nebeneinander im Hafen.
Nach einer Woche ausschlafen, netten Abenden mit anderen Seglern und natürlich der ein oder anderen Reparatur (oder auch Verbesserung) am Boot setzt nun die Aufbruchstimmung ein. Am 2. Januar wollen wir diesen schönen Ort verlassen und uns in die Karibik aufmachen. Es liegen ca. 2200 Seemeilen (ungefähr 4000 km) Wasser und eine Passage von zwei bis drei Wochen mit besten Windvorhersagen vor uns.